Ways of Working

Vier Ways of Working (WoW) prägen den Creating Futures Ansatz und alle Aktivitäten eines Creating Futures Vorhabens.

Partizipation


Zusammenarbeit als 

Community of praxis

Fokus Organization

 

Fokus Lernen und Befähigung

 

Die nachstehend beschriebenen WoW sind Rahmenvorstellungen. Innerhalb dieser diskutieren die Mitwirkenden regelmässig während ihres Creating Futures Vorhabens, wie sie diese konkret verstehen, und einigen sich darauf, wie sie diese während des Vorhabens in ihrer Organisation konkret umsetzen wollen.

Die Filme und Texte zum Projekt Schweiz – Ungarn geben anschaulich Einblick in die WoW.

Junge Menschen in Heimen sind Ko-Produzierende von deren Leistungen und Ergebnisse. Die Förderung ihrer Selbstbefähigung betrifft sie direkt. Dasselbe gilt für die Eigenschaften der Organisation, welche für sie temporär Schutz-, Lebens-, Sozialisierungs- und Lernraum ist. Ihre zentrale Rolle in Creating Futures ist deshalb unabdingbar: als “Young Experts” bzw. als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelten und des Alltags im Heim bzw. in der Wohngruppe.

In Creating Futures wirken Jugendliche als Young Experts mit, das heisst, als Expertinnen und Experten ihres eigenen Lebens und des Alltags im Heim bzw. der Wohngruppe. Auf freiwilliger Basis können sie an sämtlichen Aktivitäten aller vier Module partizipieren. Dazu gehört auch, dass sie ihrerseits Aktivitäten und Vorgehensweisen vorschlagen und umsetzen können oder Feedback und Vorschläge zum Gesamtprozess und seiner Organisation einbringen.

Creating Futures folgt nicht einem idealisierten Bild von Partizipation. Partizipation wird nicht “befohlen”, sondern ermöglicht. Jede Person kann in jedem Moment selbst darüber entscheiden, woran sie wie partizipieren – oder auch einmal nicht partizipieren – will.

Das Partizipationsmodell zeigt die in Creating Futures möglichen drei Formen der Partizipation. Diese stehen den mitwirkenden Leitenden und Mitarbeitenden ebenfalls offen. In allen drei Formen sind die Partizipationsgrade 4 bis 8 möglich. Den Young Experts und weiteren Mitwirkenden steht immer der höchste von ihnen gewünschte Grad der Partizipation offen, welcher gemeinsam vereinbart werden kann.

Alle Mitwirkenden werden in ihrer Partizipation durch die wissenschaftliche Leitung ermuntert und unterstützt bzw. ermuntern und unterstützen einander. Dazu gehört unter anderem die laufende gemeinsame Reflexion über die Partizipation: Wie soll und kann diese konkret aussehen, wie ist sie vonstatten gegangen, wo lagen die Herausforderungen, was hat sich bewährt, was war der Gewinn, was könnte man auch einmal ausprobieren etc.

Die Partizipation der jungen Menschen erlaubt ihnen, sich mit anderen jungen Menschen, Mitarbeitenden und Leitenden über ihre Zukunftsvorstellungen und Selbstbefähigung zu unterhalten sowie verschiedene nützliche Fähigkeiten zu trainieren. Zudem leisten sie einen wichtigen Beitrag an die Organisations- und Qualitätsentwicklung des Jugendheims.

Leitungspersonen, Mitarbeitende und Leitende erschaffen den Alltag im Jugendheim bzw. in der Wohngruppe jeden Tag gemeinsam durch ihr Da-Sein und Handeln. Deshalb arbeiten sie auch in Creating Futures als Community of Practice (CoP) zusammen, als eine Gemeinschaft von Menschen, welche “ein gemeinsames Anliegen oder eine Leidenschaft für etwas haben, das sie tun, und lernen, wie sie es besser machen können, wenn sie sich regelmässig austauschen” (Wenger/Wenger 2015). Gemeinsam konkretisieren sie die Ziele ihres Vorhabens, entwerfen es, führen es durch, geben einander Feedback und Ratschläge und unterstützen einander. Der Einbezug ihrer verschiedenen Perspektiven öffnet dabei den Blick über bisherige Lösungen und Selbstverständlichkeiten hinaus und fördert die Entwicklung von Innovationen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn mehr als eine Organisation in einem Creating Futures Vorhaben mitwirkt, und umso mehr, wenn die Organisationen wie im Projekt Schweiz Ungarn aus verschiedenen Ländern sind.

Wichtiges Elemente der CoP sind persönliche Treffen ausserhalb der Alltagsdynamik und mit genügend Zeit, damit die Mitwirkenden einander kennenlernen können. Diese erlauben ihnen, die vertrauensvollen Beziehungen zu etablieren, die notwendig sind, um voneinander lernen zu können. Zudem ermöglichen sie, dass die Mitwirkenden in Ruhe über ihr gemeinsames Vorhaben nachdenken, offen und auf Augenhöhe diskutieren und miteinander in einem entspannten und vergnügten Klima kreative Ideen kreieren können.

Die wissenschaftliche Leitung führt im Dienste der CoP den vereinbarten Gesamtprozess und unterstützt ihre Zusammenarbeit mit der Moderation und Organisation von Treffen, der Analyse und Aufbereitung von Erarbeitetem zur weiteren Bearbeitung, wissenschaftlichen Erkenntnissen, Dokumentation etc. Insbesondere stellt sie sicher, dass alle Mitwirkenden sich wohl fühlen und gleichermassen gehört werden. Etienne Wenger, einer der wichtigsten “Väter” von Communities of Practice, bezeichnet diese als “gemeinschaftliche Räume des Lernens” (“Social Learning Spaces”) und beschreibt Anforderungen an Moderierende bzw., in seinen Worten, “Social Artists”. (Wenger 2009)

Creating Futures versteht Jugendheime als Organisationen und damit als komplexe soziale (aus Menschen bestehende) Systeme, welche aus einer Vielzahl von miteinander in Zusammenhang stehenden Kategorien oder Aspekten bestehen. Diese Aspekte können die Förderung der Selbstbefähigung direkt beinflussen (z.B. das sozialpädagogische Handeln der Mitarbeitenden) oder indirekt (z.B. die Personalauswahl). Entsprechend orientiert sich Creating Futures an einem Organisationsmodell (Rüegg-Stürm, 2003), welches die verschiedenen Aspekte der Organisation aufzeigt. Die angestrebten Innovationen zur Förderung der Selbstbefähigung können alle Aspekte der Organisation betreffen.

Innovationen werden verstanden als: «neue Kombination und/oder neue Konfiguration sozialer Praktiken in bestimmten Handlungsfeldern oder sozialen Kontexten […] mit dem Ziel, Bedürfnisse und Probleme besser zu befriedigen oder zu lösen, als es auf der Basis etablierter Praktiken möglich ist» . (Howaldt/Domanski/Kaletka 2016, S. 27)

 

In allen Modulen von Creating Futures wird das Organisationsmodell zudem benützt, um den Mitwirkenden bei ihren Aktivitäten aufzuzeigen, mit welchen Aspekten sie sich befassen, und welche – allenfalls ebenfalls relevanten – sie bisher nicht berücksichtigen. Dieser ganzheitliche und gleichzeitig strukturierte Blick hat sich im Projekt Schweiz – Ungarn bewährt, dies nicht zuletzt, weil er den Mitwirkenden erlaubte, bisher “blinde Flecke” wahrzunehmen.

 

Ebenfalls vor organisationstheoretischem Hintergrund geht Creating Futures davon aus, dass jede Organisation ihre spezifischen Eigenheiten hat und sich in einer spezifischen, veränderlichen Situation befindet. Ziel ist deshalb nicht “allgemeingültige Rezepte”, sondern, dass jede der mitwirkenden Organisationen ihren eigenen Weg macht und ihre eigenen Lösungen findet – innerhalb des Rahmens von Creating Futures und inspiriert vom Austausch in der CoP.

 

Die Module und Ways of Working folgen zudem den Basisprozessen der Organisationsentwicklung (Glasl/Kalcher/Piber 2017). Unter dem Motto “Betroffene zu Beteiligten machen” weisen diese darauf hin, dass Erfolg und Nachhaltigkeit von Organisationsentwicklung die Partizipation aller betroffener Personen bedingen. Dies ist ganz im Interesse der Young Experts der CoP Schweiz – Ungarn, die als wichtigstes Anliegen von Anfang an “Real Change”, “echte Veränderung” forderten.

Unter Befähigung wird in Creating Futures der Erwerb bzw. die Stärkung von Fähigkeiten, Kenntnissen, Fertigkeiten und sonstige Eigenschaften verstanden, welche angemessenes Handeln bei der Bewältigung von Aufgaben oder Herausforderungen ermöglichen. Der Fokus liegt dabei auf der Befähigung der Jugendlichen zur Selbstbefähigung: ihrer Fähigkeit, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und eigene Vorstellungen von der Zukunft zu entwickeln und zu verwirklichen. Er liegt jedoch auch auf der Befähigung der Mitarbeitenden und Leitenden, deren Fach- und Führungstätigkeiten zur Befähigung der Jugendlichen beitragen, und damit auf der gesamten Organisation, deren Kapazität zur Förderung von Selbstbefähigung gesteigert wird.

 

Creating Futures ist zunächst darauf ausgerichtet, nicht nur explizites (d.h. bewusstes), sondern auch implizites (d.h. nicht bewusstes) Wissen der Mitwirkenden sichtbar und damit bearbeitbar und nutzbar zu machen. Insbesondere die jungen Menschen sind es eher gewohnt, als “Lernende” behandelt zu werden denn als “Wissensträger”. Es werden deshalb verschiedene Methoden eingesetzt, mittels derer die sich alle Mitwirkenden ihres eigenen Wissens bewusst werden und es zum Ausdruck bringen können, darunter kreative (z.B. Zeichnungen) oder auch solche der qualitativen Sozialforschung (z.B. Fokusgruppendiskussionen).

 

Des Weiteren erlaubt und fördert Creating Futures “Lernen am Beispiel” (z.B. der eigenen Selbstbefähigung, der eigenen Organisation oder einzelnen Aktivitäten) sowie “Lernen durch Erproben” (z.B. Erproben von Innovationen oder der Zusammenarbeit in der CoP). Die dritte Form von Lernen ist “Lernen durch Reflexion”. Während eines Creating Futures Vorhabens evaluiert die wissenschaftliche Leitung gemeinsam mit den Mitwirkenden laufend die Prozesse und analysiert Erarbeitetes und stellt dieses z.B. in Form von Berichten der CoP wieder zu Verfügung als Basis für die Weiterentwicklung ihrer Zusammenarbeit und Aktivitäten oder auch für die Planung nächster Schritte. Die regelmässigen Reflexionen entsprechen mit ihrem Kreislauf von Planung, Umsetzung, Beurteilung/Reflexion und Weiterentwicklung dem Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP; bzw. Deming-Kreis oder Kaizen), welcher allen gängigen Ansätzen der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung zugrunde liegt.

 

Last but not least ist die CoP, wie oben beschrieben, an sich ein “Raum gemeinschaftlichen Lernens”. Die Arbeit an den Module ermöglicht den Mitwirkenden die Stärkung von Kompetenzen und das Einüben von Fähigkeiten, wie z.B. des Analysierens, Bewertens, Entwickeln von Lösungen oder der Partizipation. Die aktive Mitarbeit und die konkreten Ergebnisse bieten zudem den Mitwirkenden Gelegenheit, Selbstwirksamkeit zu verspüren und daraus Kraft zu ziehen.